Struktur und Erschließung

KOLLABORATIVES ARBEITEN

KAUFHAUS UTOPIA ALS URBANER EXPERIMENTORT FÜR PRODUKTION

Kaufhaus Utopia ist ein Testentwurf eines urbanen Experimentraums, in dem das zirkuläre Wirtschaften auf lokaler Ebene getestet werden kann. Zirkuläre Wirtschaftskreisläufe auf lokaler Ebene erfordern polyfunktionale Stadträume, in denen Alltägliches entwickelt, produziert und repariert werden kann. Als hybrider Stadtbaustein sollen die Flächen des Kaufhaus Utopia vor allem dem produzierenden Gewerbe und verwandten Akteur*innen zugänglich gemacht werden. Dabei gilt es, möglichst flexible Raumanordnungen zu generieren, in denen im Sinne eines Real-Labors Anpassung jederzeit möglich sind. Die beschriebene Versuchsanordnung stellt keinen starren Grundriss und Umbau dar, sondern ist vielmehr als Ausgangssituation zu sehen, mit dem ein Aushandlungsprozess über lokale Stadtentwicklung beginnt. Das Ziel eines solchen Prozesses ist, urbane Räume in ihrer Resilienz zu stärken und gesellschaftliche Transformation in verschiedenen Maßstäben zu vermitteln. Dazu gilt es, Teilhabe zu ermöglichen und das Kaufhaus Utopia als öffentlichen Innenraum zu verstehen.

zirkuläres Wirtschaften auf lokaler Ebene


Ideenskizze zu einem Kaufhaus Utopia: Der Grundriss wird nach Funktionen anstatt Nutzenden-Gruppen geordnet. Einzelne Akteure können verschiedene Angebote parallel nutzen. Großzügige Freiflächen umfließen die Funktionsbereich und ermöglichen flexibles und kollaboratives Arbeiten. Raumhaltige Möbel gliedern die verschiedenen Zonen und beinhalten Lagerflächen und Gerätschaften.

ANKOMMEN, ZUSCHAUEN, MITMACHEN, WEITERBAUEN

Das verglaste Erdgeschoss diente dem Warenhaus als Schaufenster und Werbefläche. Für das Kaufhaus Utopia werden die Trennwände der Schaufenster rückgebaut, um einen tiefen Einblick in den Grundriss und die darin liegenden Funktionsbereiche zu ermöglichen. Analog zu Warenhäusern soll die Möglichkeit, das gesamte Gebäude zu Besuchen weiterhin bestehen. Damit die Parallelität von Arbeitsprozessen und öffentlichem Ort gegeben ist, werden verschiedene Raum-Werkzeuge eingesetzt, um die Arbeitsplätze nach den jeweiligen Anforderungen auszustatten.

Beispielhafte Funktionsbereiche sind von großzügigen freien Arbeitsflächen umgeben. Das Gebäude wird als Werkraum gesehen, in dem vor allem freie Flächen, denen keine spezifische Nutzung oder Nutzer*innen zugewiesen sind, das transdisziplinäre Arbeiten unterstützen.  Damit ein niedrigschwelliger Zugang zum Experimentraum gewährleistet ist, sollen definierte Funktionsbereiche möglichst transparent an die Freiflächen angrenzen. Die Gliederung nach Arbeitsprozessen, Werkzeugen und Atmosphären unterscheidet die Werkräume des Kaufhaus Utopia von konventionellen Raumaufteilungen. „Viele sprechen davon, dass wir -online leben-, doch im Alltag trifft das nicht zu. Unser Wirtschaftsleben findet überwiegend in der realen Welt statt mit Ziegeln und Mörtel, Lebensmitteln und Kleidung, Autos und Häusern“.[1] Die realen Arbeitsumgebungen und Werkstoffe werden jedoch vermehrt durch digitale Produktions- und Verarbeitungsmethoden unterstützt.

Die Struktur des Bestandsgebäudes führt aufgrund der großen Geschosstiefe zu unterschiedlich gut belichteten Flächen. Nicht alle Prozesse benötigen jedoch eine natürliche Belichtung. Durch zunehmend digital gesteuerte Produktionsverfahren wie dem 3D-Druck, der CNC- und Laserbearbeitung et cetera, bilden sich vermehrt Werkräume, dessen Charakter eher an Labore erinnern. Präzisere Verfahren verringern die Emission von Lärm und Schadstoffen und benötigen aufgrund kompakter Maschinen weniger Aufstellflächen. Perspektivisch ist anzunehmen, dass zum Beispiel die Herstellung eines Fahrradrahmens in einem digitalen, additiven Produktionsverfahren erfolgen kann.[2] An der gleichen Maschine kann ebenso auch eine medizinische Prothese erstellt werden. Die zunehmende Präzision durch digitale Fabrikation ermöglicht auch die Vergemeinschaftung der Maschinen, da diese von sehr unterschiedlichen Akteur*innen gemeinschaftlich genutzt werden können. Dabei wird berücksichtigt, dass ein Produkt oder Werkzeug nur für einen begrenzten Zeitraum genutzt wird.[3]

Durch die Mobilitätswende werden Flächen für fahrenden und ruhenden Verkehr neu verhandelt. Parkhäuser, die vormals dem einfließenden Verkehr im Stadtzentrum als Parkplätze dienten, werden perspektivisch flexibler einzusetzen sein. Intermodale Verkehrskonzepte sollen Individualverkehr verringern und Pendler*innen- und Besucher*innen-Verkehr frühzeitig auf öffentliche Verkehrsmittel transferieren. Die Mobilitätswende zeigt auch, dass der Flächenbedarf für den ruhenden Verkehr drastisch reduziert werden muss. Die Dachfläche der Wandsbeker Filiale wird im Rahmen des Testentwurfs von der bisherigen Nutzung als Parkplatz entbunden. Lastreserven, die zuvor für PKW vorgehalten wurden, können so zum Weiterbauen des Gebäudes genutzt werden. Der dargestellte Dachaufbau verfügt über eine transparente Hülle und kontrastiert zum tiefen Grundriss der Obergeschosse. 

[1] Chris Anderson, Makers - Das Internet der Dinge: die nächste industrielle Revolution, Carl Hanser Verlag, München, 2013, S. 36[2] Vgl.: ebda. S. 71-86
[3] Vgl.: Sabine Oberhuber, Thomas Rau, Material Matters, Econ Verlag, Berlin, 2. Auflage 2019, S. 101 – 105





Kaufhaus Utopia Metabolismus: polyfunktionales Nutzungskonzept



Grundrissdarstellung (l.) mit prototypischer Anordnung der Funktionen Schnittdarstellung (r.) der zentralen Lagerflächen und angrenzenden Lagerwände





Die bestehende Gebäudestruktur beinhaltet bereits einige Zutaten, die für eine Nachnutzung für produzierendes Gewerbe denkbar ist.
Die Geschossflächen werden über raumhaltige Möbel (neue Zutaten) gegliedert und ermöglichen kollaboratives Zusammenarbeiten.
Vielfältige Nutzungen können temporär oder verstetigt in dafür ausgestatteten Bereichen angesiedelt werden.




prototypischer Werkraum